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Lämmchen müsste man sein, das denkt wohl jeder bei dem Anblick dieses Bildes. Gerade im Moment gibt es auf dem Röthof jede Menge „Tierkinder“. Bei unseren Schafen gibt es elf Lämmchen, die sich in der letzten Woche an ihren ersten Weidegängen erfreuten. Auch bei den Gänsen gibt es Nachwuchs. Fünf Gänseküken sind noch im Stall und werden mit frischen Brennnesseln und dem ersten frischen Gras „gepäppelt“, bevor es auch für sie demnächst auf Weidegang geht. Sie sind sozusagen noch in der Kinderkrippe. Elf Gänseküken sind dagegen schon im Kindergarten und dürfen mit ihren Eltern erste kleine Spaziergänge auf dem Gelände machen. In den nächsten Wochen werden noch weitere Gänseküken schlüpfen, sodass im Sommer an die 40 Junggänse hier das Gelände unsicher machen. Für die Gäste in unserem Hofcafé ist das allabendliche Hereinführen in den Stall eine wahre Attraktion.

Besser als jeder Hofhund

Wussten Sie schon? Gänseküken müssen nach dem Schlüpfen erst einmal lernen, wer ihre Mutter ist. Sie haben kein angeborenes Mutterbild. Dies ist auch der Grund, warum es gut möglich ist, dass Gänse sich auf den Menschen prägen. Ich sage nur „Weihnachtsgans Auguste“ – ein Klassiker noch aus meiner Kindheit! Gänse sind klassische Herdentiere. In der Paarungszeit gehen sie eine monogame Bindung ein, die ein Leben lang halten wird, beeindruckend! Sie kümmern sich aufopferungsvoll um ihre Jungen, was dazu führt, dass man schon mal kräftig angefaucht wird, wenn man sich ihnen zu weit nähert. Auf einem Bauernhof sind Gänse besser als jeder Hofhund, sie schlagen noch sensibler Alarm auf jedes fremde Geräusch.

Wahre "Entschleunigungsexperten"

Die Schafe hier auf dem Röthof sind nicht allein dafür da, das hängige Gelände abzugrasen. Sie sind auch in der Arbeitstherapie und somit auch in der tiergestützten Intervention eine wertvolle Bereicherung. Hier eignen sie sich auf Grund ihres sanftmütigen und zurückhaltenden Wesens besonders für die Arbeit mit ängstlichen und traumatisierten Klienten. Sie sind wahre „Entschleunigungsexperten“, sie haben alle Zeit der Welt. Der Umgang mit ihnen entspannt und beruhigt ihr Gegenüber auf eine faszinierende Art. Sie gestalten die Begegnung nach ihrem Tempo und fordern manchmal auch längeres Warten ein. Sie sind in der Kontaktaufnahme – im Gegensatz zu Ziegen – wenig fordernd und bedrängend, sondern eher abwartend und auf eine zurückhaltende Art einladend. Die Wolle der Schafe ermöglicht ein besonderes Tasterlebnis.

Der Röthof als Zuhause

Klienten, die Defizite in der taktilen Wahrnehmung aufweisen, können ihren Tastsinn mit Hilfe der bewollten Schafe schulen. Besonders für feinmotorisch weniger geschickte Klienten sind Schafe gut geeignet, da das Greifen in die dichte Wolle auch mit ungeschickten Händen gelingt. Klienten, denen es schwerfällt, sich vor den negativen Folgen seelischer Belastungen zu schützen, können im weichen Wollkleid des Schafes und in seinem sanften Wesen Schutz finden und emotionale Sicherheit, Geborgenheit, körperliche sowie emotionale Wärme erleben.

Uwe Clemens, 59 Jahre, ist unter den Bewohnern der Schaf-Experte. Er hat lange Zeit auf der Straße gelebt und wird noch heute oft von Alpträumen heimgesucht. Ihm tun die Schafe ganz besonders gut. Die Verantwortung den Tieren gegenüber und die Beziehung, die er zu ihnen eingegangen ist, verhindern, dass er seinem Drang nach „draußen“ zu gehen, nachgibt. Er wird ja hier gebraucht. Der Röthof sei sein Zuhause, sagt er, er habe keinerlei Angehörige und schätze das familiäre Miteinander hier. 

Frühjahr gibt Hoffnung und Mut

Ich darf ihnen über all das berichten. Warum tue ich das? Nun, ich möchte zeigen, dass alles hier auf dem Röthof nicht nur schön anzusehen ist, sondern vielmehr noch einen tiefen Sinn hat, der manchmal nicht gleich ins Auge fällt. Es erfüllt mit großer Freude zu sehen, wie junges Leben die neue Welt erforscht und heranwächst. Das Frühjahr war sehr regenreich und die aktuell sonnigen Tage und die milden Temperaturen lassen das Gras nun so wachsen, dass man regelrecht dabei zusehen kann. Auch hier ist die Kraft der Natur zu spüren. All dies gibt auch unseren Bewohnern eine Freude, die ihresgleichen sucht.

Frühjahr und die Geburt von neuem Leben sind eine wunderbare Metapher und geben Hoffnung und Mut. Obwohl das Frühjahr eine sehr arbeitsintensive Zeit hier auf dem Hof ist, lässt es auch uns alle „wachsen“ und jede Menge Energie tanken. Die Wiesen wurden abgeschleppt und damit für die Heuernte vorbereitet, Zäune werden repariert und neue Pfähle gesetzt, Koppeln neu abgesteckt, damit auch unsere Pferde eine sanfte Umstellung auf das satte Grün haben. Im Gewächshaus wächst der erste Salat.

Ein Beitrag von Diana Wolff, Einrichtungsleitung Immanuel Therapiezentrum Röthof

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