Holz-Werk
In einem alten sanierten Wirtschaftsgebäude, dem Holz-Werk, fertigen die Bewohner als Bestandteil der Ergotherapie Werkstücke aus Holz, die auf ausgewählten Märkten angeboten werden und sich großer Beliebtheit erfreuen.
Kontakt
Auf dem weitläufigen Gelände unseres Röthofs, eines alten Bauernguts, gab es ein nicht mehr genutztes Wirtschaftsgebäude. Da wir für unsere Bewohner die Therapiebedingungen weiter verbessern wollten und für die Arbeiten im Holzbereich geeignete separate Räume suchten, wurde die Idee geboren, dieses alte, kleine ungenutzte Häuschen dafür herzurichten. Das Gebäude wurde früher als Backhaus und Schlachthaus genutzt. Bis in die 1990-er Jahre lebten auf dem Röthof Menschen mit Behinderungen, die sich regelrecht autark versorgten. Es gab Kühe für die Milch- und Fleischproduktion, natürlich auch Hühner, Pferde, Hunde und schon immer Katzen, halt ein richtiger Bauernhof! Vielen älteren Menschen, die uns immer mal wieder besuchen und schauen, was aus dem Röthof geworden ist, ist das Geräusch der Glocke vom Röthof, die jeden Mittag das Essen einläutete, in guter Erinnerung.
Bei der Entstehung wurden unsere Bewohner von Beginn an miteinbezogen. Sie entrümpelten und entkernten das Gebäude, verputzten die Wände neu, strichen Fenster und Türen, gruben einen langen Erdschacht für die elektrische Zuleitung, bauten Regale auf und brachten sich bei der sinnvollen Einrichtung der Werkstatt mit ein. Und dann konnte das „HOLZWERK“ in Betrieb gehen. Ich bin sehr stolz auf unsere Bewohner und auf das, was sie unter der Anleitung und Koordination der verantwortlichen Ergotherapeutin, Melanie Totzauer, geschafft haben.
Die Ergotherapie ist wichtiger Bestandteil unseres therapeutischen Angebotes. Hier wird sehr kreativ und geschickt gewerkelt, ausschließlich mit Naturmaterialien, wie eben Holz, Ton, Weiden, Wolle, Leder u.ä. Der Einsatz dieser Materialien hat natürlich auch einen fachlichen Hintergrund. Holz ist ein Werkstoff, den man mit allen Sinnen wahrnehmen kann und dessen Eigenschaften als angenehm empfunden werden. Es fühlt sich warm an, kann sowohl glatt als auch rau sein, hat einen typischen angenehmen Geruch und ist durch seine Maserung optisch interessant.
Die Holzbearbeitung ist ein langwieriger Prozess, der Ausdauer erfordert, da ein Werkstück meist eine längere Bearbeitung mit mehreren Arbeitsschritten erfordert. Es bedarf guter Handlungsplanungsfähigkeiten:
- Was möchte ich tun?
- Was muss ich beachten?
- Was tue ich wann?
- Welche Werkzeuge eignen sich?
Die Arbeit mit Holz erfordert Konzentration und Aufmerksamkeit, besonders dann wenn mit Maschinen gearbeitet wird. Es gibt wenig Spielraum für Fehler - abgesägt ist abgesägt. Hierbei werden die kognitiven Fähigkeiten unserer Bewohner gefordert und weiter trainiert. Aber auch an die motorischen Fähigkeiten werden Anforderungen gestellt. Es werden vorrangig Schulter, Oberarm, Unterarm und die Hände beansprucht, wobei natürlich auch der ganze Halteapparat des Körpers gefordert ist, ein sicherer Stand, Rumpfstabilität bei stehenden Arbeiten ist wichtig. Es bedarf einer guten Koordination zwischen beiden Händen (eine Hand hält, eine Hand arbeitet) und zwischen Augen und Händen. Insgesamt sind grobmotorische als auch feinmotorische Fähigkeiten gefordert.
Bewegung mit Muskelarbeit wird ausgeführt, genau wie die statische Haltearbeit. Kraftdosierung und Muskelaufbau werden trainiert. Bei alldem ist Geduld erforderlich, was die Frustrationstoleranz schult. Zudem kommt natürlich, dass der Bewohner am Ende ein Werkstück, ein Produkt in den Händen hält und somit etwas Richtiges geschaffen hat! Hinzu kommt noch die Anerkennung derer, die sich an den Werkstücken erfreuen. Schon unzählige Kinder wurden mit unserem „Dauerbrenner“, dem Holzpferdchen auf Rollen zum Hinterherziehen, glücklich gemacht. Die Werkstücke werden auf ausgewählten Märkten angeboten und erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit. Auch beim Verkauf sind unsere Bewohner direkt mit einbezogen. Sie können dabei von ihrer Arbeit berichten und erhalten ausschließlich Anerkennung und Lob. Das stärkt ihren Selbstwert und gibt ihnen wieder ein Stück Selbstvertrauen zurück.
Diana Wolff